Der BGH hatte über einen Sachverhalt zu entscheiden, bei dem ein Eigentümer als Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft selbige auf Fassung eines Grundsatzbeschlusses verklagt hatte, wonach die Gemeinschaft der barrierefreien Anbindung zweier Wohnungen durch Errichtung eines Außenaufzugs zustimmen sollte. In dem Verfahren blieb streitig, ob der Personenaufzug die Wohnungseigentumsanlage grundlegend umgestalte i.S.d. § 20 Abs. 4 Satz 1 Fall 1 WEG oder ob die Maßnahme einen Wohnungseigentümer unbillig benachteiligen würde, § 20 Abs. 4 Satz 1 Fall 2 WEG. Das Landgericht verneinte diese Fragen jeweils.
Der BGH nahm eine andere Position ein. Die Frage zum Vorliegen einer grundlegenden Umgestaltung müsse im Einzelfall entschieden werden. Der Begriff der grundlegenden Umgestaltung sei enger zu verstehen als der Begriff der „Änderung der Eigenart“ nach der alten Gesetzeslage. Soweit eine privilegierte Maßnahme im Sinne des § 20 Abs. 2 S. 1 WEG betroffen sei, geht der BGH davon aus, dass eine grundlegende Umgestaltung „zumindest typischerweise“ nicht anzunehmen sei. Dies gelte unabhängig davon, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 20 Abs. 2 WEG vorlägen und ob die bauliche Veränderung angemessen sei. Im Fall des streitbefangenen Außenaufzugsliege liege keine grundlegende Umgestaltung vor, zumal auch keine außergewöhnlichen Umstände festgestellt seien. Darüber hinaus gebe es auch keine unbillige Benachteiligung. Diese setze voraus, dass die beabsichtigte Maßnahme einem verständigen Wohnungseigentümer in zumutbarer Weise nicht abverlangt werden dürfe. Diene eine bauliche Veränderung einem der gesetzlich privilegierten Zwecke, bedürfe es einer „besonders schweren Benachteiligung“. Ohne Bedeutung sei dabei auch, dass andere Wohnungseigentümer erst aufgrund eines Beschlusses nach § 21 Abs. 4 Satz 1 WEG bzw. § 21 Abs. 5 Satz 1 WEG von der Maßnahme Gebrauch machen dürften.
(BGH vom 09.02.2024, V ZR 244/22)
Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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