Der BGH hat in einer aktuellen Entscheidung vom 09.02.2024 Abkehr genommen von der alten Grundsatzrechtsprechung. Danach fehlte die Beschlusskompetenz, wenn die zu beschließende bauliche Veränderung (z. B. ein Personenaufzug) nur einzelnen bau- und zahlungswilligen Wohnungseigentümern zur Verfügung stehen sollte. Solche Regelungen bedurften einer Vereinbarung. Seit dem 01.12.2020 können die Wohnungseigentümer mit dem reformierten WEG-Recht eine bauliche Veränderung grundsätzlich auch dann beschließen, wenn die Beschlussfassung die Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen gemeinschaftlichen Eigentum zur Folge hat. Das entspreche der Intention des Gesetzgebers, der in der Zuweisung einer ausschließlichen Nutzungsbefugnis die regelmäßige Folge eines Beschlusses nach § 20 Abs. 1 WEG sehe. § 21 WEG und die in dieser Vorschrift enthaltenen Regelungen über die Kosten und Nutzungen bei baulichen Veränderungen brächten dies zum Ausdruck, sofern ein ausschließlicher Gebrauch des baulich veränderten gemeinschaftlichen Eigentums möglich sei. Danach beruhe die Begründung derartiger Nutzungsbefugnisse, die sich aus dem Grundbuch nicht ergeben, auf der bewussten Entscheidung des Gesetzgebers, die bis zum 30.11.2020 geltende Rechtslage zu ändern. Ob dies auch für den Fall gelte, wenn mit der baulichen Veränderung eine vereinbarte Gebrauchsregelung, die eine bestimmte Nutzung ermöglicht oder ausschließt, durch Beschluss abgeändert werden geschlossen werden soll, ließ der BGH offen.
Danach ist im Ergebnis die Beschlusskompetenz der Eigentümer für bauliche Veränderungen im Gemeinschaftseigentum jedenfalls dann gegeben, wenn nicht eine Vereinbarung bestimmte Nutzungen für das Gemeinschaftseigentum, das baulich verändert werden soll, gewährt oder ausschließt.
(BGH, Urteil vom 09.02.2024, V ZR 244/22)
Dr. Thomas Gutwin
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
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